Dienstag, 16. Mai 2017

Meine virtuelle Wanderung durch Schweden

Für die Strecke quer durch Schweden wandert man 6 Wochen. 6 Wochen ohne Arbeit, 6 Wochen ohne Kinder, 6 Wochen ohne Mann? Das wird leider nichts, aber man kann ja heutzutage auch virtuell wandern und das möchte ich einmal ausprobieren. Laufen muss ich dabei - das sei vorausgeschickt - trotzdem auf die altmodischen Art.


Mein Schrittzähler
Günstig ist meine virtuelle Wanderung nicht. Meine Freundinnen und ich blättern jeweils 35 € bei Tappa.de hin, bevor wir in Schweden landen dürfen. Also online. Aber dafür gibts neben dem Konto auf der Plattform noch ein kleines Gadget: Statt mit einem Wanderrucksack werden wir nach unserer Ankunft mit einem Schrittzähler ausgestattet. Unsere Offline-Strecke verläuft nicht durch Wälder oder an Flüssen entlang, sondern wir bewegen uns durch den Supermarkt oder auf Gehwegen. Wir durchwandern den Alltag. 

Bei Tappa tragen wir uns als "Private Teilnehmerinnen" ein und dann geht es auch schon bald los. Schritt für Schritt.

10.000 Schritte sind verdammt viele Schritte
Wir starten in Göteborg. Jeden Tag gilt es, mindestens 10.000 Schritte in unserem Alltag zurückzulegen, damit wir virtuell nach 6 Wochen Stockholm erreichen. Für mich, die ich zuvor nie meine Schritte gezählt habe (Ich hatte zwar mal einen Schrittzähler, doch der funktionierte leider nicht und ich trennte mich schnell wieder von ihm), barg das Projekt noch eine Überraschung: 10.000 Schritte sind verdammt viele Schritte. 

Etwas fertig nach etwa 7000 Schritten am Stück
An meinem Arbeitsplatz bewege ich mich in der gesamten Arbeitszeit nur ungefähr 400 Schritte. An bewegungsreichen Tagen. Vierhundert. Nicht viertausend… Fürs Tippen und Klicken gibt es keine Extrapunkte, der Hintern muss schon hoch aus dem Bürostuhl. Meine Top-Ziele sind Kaffeemaschine und Toilette, doch die liegen nicht weit genug entfernt, um auf der Wanderung voran zu kommen. Das bringt mich virtuell nicht zur nächsten schwedischen Stadt. Ich bummel nur rum, während die anderen schon weitergelaufen sind.

Tappa hat Bestenlisten
Highscores spornen mich tatsächlich an, das funktioniert in der Regel gut bei mir, doch wenn ich irgendwo auf Platz 500 krieche, schlägt die Motivation eher in Resignation um… Wie machen die das alle? Haben die nichts anderes zu tun, als in der Gegend rumzulatschen und Schritte zu sammeln?

Abendprogramm: Mila darf Fahrrad fahren und ich sammel Schritte


Läuft doch!
Nach einer Woche stelle ich jedoch fest, dass es gar nicht so schlecht für mich „läuft“ – Mein Schrittzähler spuckt inzwischen einen Durchschnitt von 17.000 Schritten pro Tag aus und ich konnte jeden Tag mein Fleißsternchen abholen. Das gibt es, wenn das Tagesziel der 10.000 Schritte erreicht wurde. Ich kann es gar nicht glauben und ab und zu laufe ich deshalb mitzählend 100 Schritte und überprüfe, was der Schrittzähler sagt: 99 oder 101. Er arbeitet verblüffend präzise. Ich bewege mich tatsächlich so viel. 

Entdeckung am Straßenrand: Ein Meer aus Tulpen


Viel viel viel Zeit
Wenn ihr selbst schon einmal eure Schritte gezählt habt, wisst ihr, das 10.000 kein Pappenstiel sind. Wie schafft man das? Mein Arbeitsweg ist kurz und die 20 Minuten kann ich mir locker nehmen, um ihn zu Fuß zu bewältigen. Etwas eher aufstehen, reicht schon aus. Für den Hin- und Rückweg verbuche ich dann schon 5.000 Schritte auf meinem kleinen Begleiter, der an der Hosentasche oder am Rockbündchen befestigt ist. 

Soweit die Füße tragen
Den Rest der Strecke schaffe ich im Alltag locker. Wie ist das bei euch? Ich laufe eigentlich den ganzen Nachmittag hin und her: Kindergarten, Spielplatz, nach Hause, Einkaufen. Mila irgendwo abliefern (Tanzkurs oder Freunde), zur Eisdiele oder in die Stadt oder zum Kinderarzt. Da kommen schon viele Schritte zusammen, gerade bei sonnigem Wetter. Manchmal besuche ich selbst Freunde, gehe abends ins Kino oder zu einer anderen Veranstaltung. Schritte, Schritte, Schritte. Meine persönliche Bestleistung brachte mir ein Fußweg von 60 Minuten bis zur Bundeskunsthalle, der auf einen ohnehin schon bewegungsreichen Tag folgte.

Privileg Stadt
Ich denke, gerade durch die kurzen Entfernungen, die das Stadtleben mit sich bringt, sammeln sich die Schritte leicht an. Der Weg zum Aldi ist nur 5 Minuten lang, zur Arbeit 20, zum Kindergarten 10. Man läuft es „mal eben“. Wer ländlicher lebt, kann vielleicht durch einen 30 Minuten Fußmarsch zum Supermarkt (oder weiter?) richtig viele Schritte sammeln, muss dann aber mit die ganzen Einkäufe wieder zurück buckeln. Und welche Kinder machen das mit? Die hat man ja in der Regel auch dabei und irgendwann beginnen selbst die beweglichsten Vierjährigen zu quengeln. Deswegen nimmt man dann doch lieber Bus oder Auto, statt zu laufen, denke ich.

Jeden Tag ist dieses Gebäude ein bisschen weniger da. Ich nähme es wohl nicht weiter zur Kenntnis, wenn ich immer nur mit dem Bus daran vorbei düsen würde.

Bonus durch Sport
Sportliche Aktivitäten verbucht Tappa als Bonus, obwohl man durch Aerobic oder Seilspringen natürlich auf der Wanderung in Schweden nicht weit kommen würde. Bei Tappa geht es um Bewegung, egal welcher Art, da kann man mal ein Auge zudrücken. So bekomme ich für eine Minute Fahrradfahren beispielsweise 130 Schritte oben drauf. Doch mir bringen Bonus-Aktivitäten fast nicht ein, da ich so gut wie nie Sport treibe. Andere Teilnehmer nutzen diese Möglichkeit oft und viel, wie man in den Bestenlisten sehr deutlich sehen kann. Dort wird nämlich zwischen „Schritten“ und „nur Schritten“ unterschieden. Die Unterschiede sind gewaltig.


Entlang am Rapsfeld

Jeder Schritt macht fit
An manchem Abend falle ich platt aufs Sofa, obwohl ich doch "nur" laufe. Doch so wenig ist es nicht: Zusammengerechnet verbringe ich ungefähr 2 Stunden pro Tag auf den Füßen. Aber es tut mir gut. Ich fühle mich nach dieser ersten Woche tatsächlich… angenehm fit. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, jeden Tag diese ganzen Schritte zu gehen, aber es lohnt sich durchaus – zumindest für Stubenhocker wie mich, die ansonsten keinen Sport machen.

Zu Fuß erlebt man den Frühling besonders schön


Was habe ich bislang erlebt?
Leider enttäuscht mich Tappa ansonsten. Fitness ist sicherlich positiv, aber ich habe mich auch für das Erlebnis angemeldet: Eine virtuelle Reise durch Schweden! Diese – und da spricht die eLearning-Designer aus mir – könnte noch viel ansprechender gestaltet sein. Man erfährt nur in knapper Textform bestückt mit einem Foto etwas über die verschiedenen Städte. Ziemlich mau! Immerhin sehe ich sehr viel von meiner eigenen Stadt Bonn.

Fazit 
Fitness funktioniert, doch um Schweden zu erleben, kann ich die Wanderung leider nicht empfehlen – Da müssen wir wohl in ein echtes Flugzeug steigen, wenn die Kinder ihre ersten Schulferien erleben und dann wandern wir einfach alle zusammen als Familie. Die Sommerferien sind doch sechs Wochen lang, oder? Wenn das nicht mal seinen Grund hat.




1 Kommentar:

  1. Ich habe so eine Fitnessuhr und ja, 10.000 Schritte sind viel. Dank meinem Job laufe ich aber täglich an die 18.000 Schritte und das nur auf der Arbeit :D wenn ich frei habe, wird es allerdings mau. Dann stehen auch mal nur 2.000 Schritte auf der Uhr :D
    Trotzdem spornt es mich an. Ein paar Freunde haben auch so eine Uhr und in der App kann man sich vergleichen. Es gibt persönliche Ziele zu erreichen (mit meinen Etagen tu ich mich etwas schwer...) und auch kleine Abzeichen (seit ich die Uhr habe, bin ich so weit gelaufen, dass ich das größte, zusammenhänge Korallenriff ablaufen hätte können, nämlich ca 2600 km).
    Also alles in allem möchte ich meine Uhr nicht mehr missen, die auch sehr genau ist, sogar meinen Schlaf überwacht (mit dem hab ich auch Probleme und hab so jetzt echt schön Muster erkannt, was mir beim durchschlafen hilft) und mich auch ans Bewegen und Trinken erinnert. Ich kann sowas wirklich nur jedem empfehlen, der sonst wie ich etwas bewegungsfaul ist und einen kleinen Ansporn braucht :)
    Lg, EsistJuli

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