Ich kann scheinbar tatsächlich meine Reihe über unser schlecht bis gar nicht schlafendes Kind abschließen. Lest hier nochmal den Beginn der Reihe nach.
Seit einigen Wochen bringen wir unseren Sohn abends ins Familienbett und er schläft dort meist ohne Unterbrechungen durch. Bis wir ihn wecken. Denn plötzlich ist er zum Langschläfer mutiert. Nach 33 Monaten allabendlicher und nächtlicher Quälerei. Und was haben wir nicht alles versucht...aber letztlich musste wohl wirklich nur Zeit ins Land gehen. Sehr viel Zeit...
Aber da mich der Satz "irgendwann wird er schon schlafen" nie sonderlich getröstet hat, habe ich mich sehr bemüht, ein paar positive Dinge aus der Zeit zusammen zu tragen, um den Eltern von schlecht schlafenden Kindern vielleicht ein bisschen Trost mit auf den langen Weg zu geben. Denn ja, es ist hart. Aber es hat tatsächlich auch was Gutes, gefühlte hundert Jahre dank des Kindes nicht schlafen zu können:
Wir haben gelernt...
1. ...Hilfe anzunehmen
Das ist ja eine Sache, die Mütter mitunter am schlechtesten können. Ich nicht (mehr). Nachdem ich auch die ersten 1,5 Jahre bis zur totalen Erschöpfung das Meiste alleine gestemmt habe, habe ich danach jede Hilfe in Anspruch genommen, die ich kriegen konnte. Der Sohn geht seitdem in die Krippe und die Großeltern übernehmen mal eine Nacht oder ihn spontan am Nachmittag mit nach draußen. Und das nicht, damit ich den Haushalt machen oder arbeiten kann, nein, ich ruhe mich dann aus. Ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Oder ihn gaaanz furchtbar zu vermissen (zumindest die erste Nacht nicht).
Quelle: Familientweets der Woche |
2. ...als Eltern ein Team zu sein
Besagte 1,5 Jahre hätten uns fast die Ehe gekostet. Mein Mann quartierte sich die meisten Nächte aus und fühlte sich als Alleinverdiener erschöpft, während meine Müdigkeit und Gereiztheit ebenfalls ins Unermessliche wuchsen. Zwar lässt sich der jeweilige "daily job" in der klassischen Rollenverteilung gut akzeptieren - er kümmert sich um das Einkommen, ich um Kind&Haushalt - trotzdem bleiben die Nächte an der Mutter hängen. Erst seitdem wir diese genauso gerecht aufteilen, herrscht wieder Harmonie in der Beziehung. Frei nach dem Motto "geteiltes Leid ist halbes" sind wir zwar beide sehr müde, dafür erwartet der eine dann aber keine Action in der Freizeitgestaltung, wenn der andere einfach nur schlafen will.
3. ...weniger ist mehr als Grundhaltung anzunehmen
Was habe ich mir vorher wegen allem einen Stress gemacht...der Haushalt musste piccobello sein, die sozialen Kontakte mussten gepflegt und allen Verpflichtungen nachgekommen werden. Ich neigte vor der Geburt unseres ersten Sohnes zur totalen Verausgabung in meiner FREIZEIT. Wie unnötig. Durch die letzten Monate weiß ich, was wichtig ist und was nicht. Weil ich schlicht nicht die Energie für alles hatte, wurde gnadenlos aussortiert. Die to-do-Liste genauso wie die Freundesliste.
4. ...laissez-faire tut der Erziehung gut
Wir sind ja generell ein Fan des demokratischen Erziehungsstils (hier mein Blogpost darüber), die Haltung wuchs allerdings aus der Tatsache, dass mir oft schlicht die Energie für ein energisches und konsequentes Auftreten fehlte und ich mir als reine Überlebensstrategie überlegte, was muss überhaupt sein und was ist übertriebenes Elterngehabe. Ist es echt so schlimm, wenn er jetzt die Schublade ausräumt? Muss ich ihm da nun hinterher rennen oder schafft er das alleine? Regt mich der umgekippte Becher oder das Breigematsche auf? Die Antwort auf alle Fragen lautete meistens Nein. Dabei gehörte ich als Kinderlose zu den "bei mir wird es sowas nicht geben!"-Giftspritzen, aber mein Sohn hat mich in der Beziehung anständig erzogen.
5. ...die Bedürfnisse des Kindes über meine zu stellen
Und dabei zu erkennen, dass sie dieselben sind. Das ist eine Sache, die man eigentlich wissen müsste, mir als ausgeprägter Ego-Mensch fiel es aber extrem schwer, zurück zu stecken und nicht mehr "mein Ding" so ohne weiteres machen zu können. Mein Sohn forderte extrem ein, was ihm - aber auch mir - gut tat: ich habe mich sehr intensiv mit ihm und mit unserer Familie beschäftigt. Vermutlich wäre ich sehr schnell wieder arbeiten gegangen und hätte so auf die lange Elternzeit und auch auf das zweite Kind (erstmal) verzichtet. Was im Nachhinein wirklich bedauerlich gewesen wäre. Ich bin jetzt froh, nicht "mein Ding" gemacht zu haben. Dafür bin ich ihm ehrlich dankbar.
6. ...dass ich Nerven aus Stahl habe
Ein Trost für die Eltern da draußen: wer mit einem nicht-schlafendem Kind gesegnet ist, hat zwar ein dünnes Nervenkostüm auf Grund des Schlafmangels, aber bekommt dafür im Laufe der Jahre Nerven aus Stahl. Der Spruch "Mich regt nichts auf, ich habe Kinder" ist garantiert allen bekannt, ich erweitere ihn um "Mich stresst nichts mehr, ich kenne es schlimmer". Oft konnte ich mir ein verständnisloses Kopfschütteln nur gerade so noch verkneifen, wenn andere Eltern über ihre Kinder geklagt haben. Wie anstrengend sie sind, wie sehr sie das Theater nicht ertragen, wie nervig das und das ist, .... und das, obwohl sie durchschlafende Kinder hatten. Da dachte ich, "Mach das mal mit nur 1,5 Stunden Schlaf am Stück, dann weißt du, was hart ist!"
Natürlich haben alle Eltern mit ihren Kindern phasenweise zu kämpfen. Schübe, Zähne, Autonomiephasen, usw., wenn aber ein chronisches Schlafdefizit über Jahre dazu kommt, kann das Loch gar nicht tief genug sein, in dem man sich beerdigen möchte.
Die Zeit ist hart und scheint ewig zu dauern, trotzdem bin ich jetzt - da ich sie überstanden habe - sehr froh darum. Ich habe doch eigenes durch sie gelernt, was mir heute definitiv fehlen würde.
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