Montag, 2. November 2015

Falsch gewickelt? Das Scheitern unseres Stoffwindelprojekts

Soll ich diesen Post wirklich schreiben? Noch immer finde ich Stoffwindeln eine wunderbare Sache, weshalb ich lange überlegt habe, ob ich meinen Erfahrungsbericht online stelle. Nun habe ich mich dafür entschieden: Es folgt ein Bericht über das Scheitern.

Angetan von zahlreichen positiven Beispielen, was das Wickeln mit Stoff angeht, und den modischen Designs, entschieden wir uns im Frühling gegen Wegwerfwindeln und für Popolini. Ein bisschen öko sind mein Mann und ich ohnehin, sodass diese Methode gut zu uns passte. Hinzu kam das Müllproblem: Unsere Mülltonne quoll regelmäßig über, weil zwei Wickelkinder bergeweise Schmutzwindeln produzierten. Zu viele Berge! Wir standen vor der Wahl: Entweder sträunten wir bald nachts um die Häuser und verteilen die dreckigen Windeln heimlich in den Tonnen der Nachbarn oder wir kauften uns Stoffwindeln.
Die Entscheidung fiel auf zweiteres.  

Funktionsweise unserer Popolini
Popolini sind Höschenwindeln: Eine Einlage wird in die Windel geknöpft und die gesamte Windel wird mit Druckknöpfen ums Baby geschnallt. Popolini sehen wie Wegwerfwindeln aus und sind genauso anzubringen, manche haben Knöpfe, andere Klett, beides funktioniert meiner Erfahrung nach gut. Anders als bei den Wegwerfwindeln legt man ein so genanntes Windelflies zusätzlich hinein, das wie Klopapier aussieht. Wenn das Baby ein größeres Geschäft verrichtet, landet nix in der Windel, sondern auf diesem Flies, das im Anschluss in der Toilette entsorgt wird - Und Tschüss! Ganz am Schluss muss noch eine Überhose angezogen werden, damit die Windel nicht ausläuft. Für den Schutz des Babypos kann zusätzlich ein Staydry-Tuch (ebenfalls waschbar) eingelegt werden.

Ihr seht schon, man verbringt bei diesem Prozedere eine ganze Weile am Wickeltisch. Wer bereits mit Wegwerfwindeln seine Probleme hat, sie am sich bäumenden Baby zu justieren, wird die Stirn kraus ziehen darüber, wie man diesen Prozess freiwillig verlängern kann. Mehr und mehr wurde mir klar, was Stoffwindeln wirklich sind: Ein Hobby. Man muss neben dem ökologischen Gedanken auch eine Leidenschaft dafür entwickeln.

Unsere Anfangsprobleme
Jeder holpert am Anfang über das ein oder andere Stoffwickelproblem und muss sich erst in die neue Welt einfinden. Wir hatten zunächst zu wenig Überhosen, dann musste ich lernen, dass nicht jede Überhose für unsere Popolini geeignet sind. Wir merkten, dass eine Stoffwindel nach 3 Stunden gewechselt werden sollte, damit sie nicht ausläuft, und dass unsere Kinder ein Staydrytuch gut vertragen. Wir stellten fest, wie man das Windelflies einlegen muss, damit die Windel auch wirklich geschützt ist.
Letztendlich bereuten wir aber schnell die Wahl von Popolini. Unsere drei Exemplare von so genannten All-in-Ones, bei denen man keine extra Überhose braucht, waren so viel einfacher zu handhaben... In den Austauschgruppen im Internet musste ich mir oft anhören: Wechsel doch zu Windelsystem XY, das ist da viel besser. Aber Stoffwindeln sind teuer und man springt nicht einfach von einem ins andere System, deswegen blieben wir mit Popolini am Ball. Oder an der Windel.

Zwischenzeitlich lief es ganz gut
Nichtsdestotrotz hatten wir den Dreh bald raus und wickelten wie die Weltmeister mit Stoff. Die Waschmaschine wusch, wir hängten auf, sortierten ein und benutzten neu. Der Plan zur Müllreduzierung ging auf und ich fühlte mich gut dabei. Es machte sogar Spaß, die sauberen Windeln in den Schrank zu sortieren und ich entwickelte die Leidenschaft, die man für den Mehraufwand braucht. Den Kindern gefielen die Windeln weder besser noch schlechter, sie nahmen den Wechsel kommentarlos hin. Annika lernte  frühzeitig robben, krabbeln, aufstehen. Der dicke Windelpo stellte keine Behinderung da.

Nur mein Mann freundete sich nicht mit Popolini an. Irgendwann griff er immer häufiger wieder zu Wegwerfwindeln. "In die erste Windel kackt sie morgens sowieso rein." oder "Sie macht mittags immer so viel Pipi, zum Schlafen nehme ich jetzt keine Stoffwindel" oder "Wir gehen doch gleich spazieren, unterwegs nerven Stoffwindeln" und im Sommer meinte er dann, sie würden stinken (Taten sie auch).
So wickelte er tagsüber kaum mit Stoff und ich legte nur morgens vor der Arbeit und abends, wenn ich wieder zu Hause war, Popolini an. Und wenn dann erstmal der Wurm drin ist... Jetzt nach einem halben Jahr haben wir das Stoffwindelprojekt abgebrochen und verkaufen die Windeln.

Unsere Probleme
Bis zum bitteren Ende bekamen wir es nicht gelernt, wie wir das Flies so in die Windel legen mussten, damit die Stoffwindel sauber blieb. Ständig spülte ich mit der Hand den Schmutz aus, was die Leidenschaft dämpfte. Der anfängliche Spaß beim Sortieren der Stoffwindeln wurde auch bald zur Ernüchterung. Gefühlt wartete jeden Abend ein Wäschekorb voll Stoffwindeln, Einlagen und Staydrytüchern auf mich. Nicht meine liebste Abendbeschäftigung!
Unsere Windeln liefen auch regelmäßig über, weil 3 Stunden kein langer Zeitraum sind und dann wurde es richtig nervig. Nicht nur die Windel, sondern alle Klamotten wanderten in den Wäschekorb und das Kind musste neu eingekleidet werden.

Fazit
Wegwerfwindeln schlichen sich nach und nach wieder in unseren Alltag ein. Ich bin nicht stolz darauf. Schon das Wort "Wegwerfwindeln" klingt nach "Wegwerfgesellschaft" und ist genau das: Anstatt sich die Mühe zu machen, Windeln zu waschen und in die Schränke zu sortieren, etwas mehr Zeit beim Wickeln zu verwenden und öfter zu wickeln, entschieden wir uns für den einfachen Weg des Wegwerfens. Unsere Mülltonne ächzt erneut unter der enormen Last, die wir ihr zumuten, und sie erinnert daran, was wir da produzieren. Diese Mülltonne ist unser Mahnmal.

Wir haben das Projekt leider nicht durchgehalten. Ich würde mich über Kommentare zu Stoffwindeln freuen. Vielleicht könnt ihr schreiben, welches Windelsystem ihr benutzt und ob ihr es weiterempfehlen würdet? Ansonsten verweise ich auf den Beitrag der lieben Lerche, die sich sehr umfangreich mit dem Thema auseinander gesetzt hat:
Von Stoffipos und Blümchenhintern: Die Stoffwindel
Von ihr könnt ihr lernen, wie ihr es richtig macht.



3 Kommentare:

  1. Nehmt keine popolini. Sie sind billig, aber es gibt weitaus bessere systeme

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    1. Billig waren die auch nicht grad.^^ Welches kannst du empfehlen?

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  2. ich bin auch gerade dabei, das Projekt nach knapp einem Jahr zu beenden. Meine Tochter hat soo matschigen Stuhl, dass ich eigentlich die Wollüberhosen nach jedem wickeln neu waschen und fetten muss und das ist wirklich ein Aufwand. Du erwähntest was von wegen Vlies richtig einlegen, wie meinst du das? lg fred

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