Dienstag, 17. März 2015

Über die Verschiedenheit der Kinder


Gerade der „heutigen Jugend“ entwachsen blühen wir auch schon auf zu den „heutigen Eltern“. Klingt nicht besser und ist auch nicht besser gemeint. Ich-zentriert und verwöhnt wie wir sind, haben wir unsere Kinder nicht im Griff. Was ist daran Schuld? Die Medien sind sich einig: Wir Eltern sind zu unsicher. Statt unseren Mutterinstinkten zu vertrauen, fressen wir Ratgeber um Ratgeber und vergeigen es am Ende doch. Ist das so?



Nö. Mutterinstinkte und auch Vaterinstinkte gibt es zum Glück und jeden Ratgeber, den ich lese, klopfe ich natürlich nach Tauglichkeit ab. Bei manchen Büchern weiß man direkt, der Autor oder die Autorin hat den Schuss nicht gehört. Weg damit! Eltern haben ein Bauchgefühl, das einen guten Nährboden bildet, blöde Ratgeber werden aussortiert. Doch wenn wir uns allen Ratgebern/Zeitschriften/Blogs versagen, drehen wir uns im Kreis. Dann bleibt nur übrig, was wir aus der eigenen Kindheit behalten haben.

Kinder sind aber keine Stecklinge, die wir in die Erde pflanzen, gießen und dann wachsen sie alle zu Apfelbäumchen heran. Die eigene Kindheit mag uns ein Leitfaden sein, aber wir waren andere Mädchen und Jungen als es unsere Töchter und Söhne nun sind. Manche Kinder sind Birnenbäume, andere Haselnusssträucher oder Sonnenblumen. Ich höre oft: „Kinder sind einfach unterschiedlich“, aber haben wir das verinnerlicht?

Manche Kinder tanzen aus der Reihe


Foto:
Meint unsere Gesellschaft nicht eher, mit den richtigen Werkzeugen könne man jedes Kind zu einem Apfelbaum großziehen? Oder biegen, stutzen… Kinder, die aus der Reihe tanzen, leiden dieser Ansicht nach unter Eltern, die nicht die richtigen Werkzeuge nutzen. Die ihren Instinkten nicht vertrauen und deren Nachwuchs ihnen deshalb auf der Nase herumtanzt, schlecht isst oder nicht schläft, in der Schule schwächelt, zu unruhig ist, zu schüchtern, zu aufgedreht, unhöflich, ….

Man muss eben auch mal „Nein“ sagen können. Man darf halt nicht immer so hart sein. Das kommt von der falschen Ernährung. Auf einer Montessori-Schule konnte das ja nichts werden. Wenn man mit drei Jahren auch noch eine Windel trägt. Weil die Mutter immer nur gearbeitet hat, Einzelkinder können das Soziale einfach nicht lernen…
Kinder sind wirklich verschieden - Nicht nur eine Redensart

Ach, hört doch auf. Kinder SIND verschieden! Und da geht es nicht nur darum, wann sie krabbeln oder wann sie sprechen. Das tun sie alle irgendwann. Es geht um viel mehr: Ob sie Einzelgänger werden oder ob sie immer jemanden um sich brauchen, ob sie kuscheln oder ob sie hauen, ob sie viel lachen oder ob sie oft zornig sind. Mit dem gleichen Werkzeug kommt man nicht immer zu Äpfeln, auch wenn man alles dafür tut.
Es fällt uns leichter zu akzeptieren, dass erwachsene Menschen unterschiedlich sind als dass es Kinder sind. Kinder werden unserer Vorstellung nach so und so wachsen, wenn wir sie so und so pflegen. Auch ich glaube an „verzogene“ Kinder oder an Vernachlässigung. Ich denke aber, dass wir es uns zu leicht machen, wenn wir immer nur von unseren Kindern auf andere schließen.

Wohin führt uns die Entwicklung?

Eltern, die ein Kind haben, das aus der Reihe wächst, atmen erleichtert auf, wenn eine Krankheit ihres Kindes bescheinigt werden kann. Die Auffälligkeit braucht unbedingt einen Namen. Wie weit ist es denn mit den elterlichen Instinkten, wenn solche Eltern ein Etikett fürs Kind brauchen? Für sich und für andere. Er hat halt ADHS. Sie leidet eben unter der Lese-Rechtschreibschwäche. Wusstet ihr, dass es sogar für das unruhige Wippen mit dem Bein einen Namen gibt? Restless Legs Syndrom (RLS)!… Was ist mit den Eltern, die kein Etikett für ihr Kind bekommen, aber deren Kind auch anders ist? Haben die versagt? Oder sollen wir bald einfach an alle Etiketten verteilen, damit wir die Andersartigkeiten eines JEDEN akzeptieren lernen?

Dieser Blogartikel entsteht nicht aus persönlicher Betroffenheit. Bisher habe ich zwei lustige kleine Mädchen, um die ich mir keine Sorgen mache. Der Post soll einfach eine Motivation sein für andere Eltern, die unsicher sind, weil ihr Kind "anders" ist. Menschen sind unterschiedlich, warum sollten Kinder da gleichförmig sein?

4 Kommentare:

  1. An sich finde ich deinen Eintrag total super! Aber als von RLS- Betroffene muss ich doch mal etwas anmerken: Restless Legs bedeuten nicht, dass man freiwillig mit den Beinen wippt. Vielmehr kann man das Zucken und Bewegen der Beine nicht bewusst steuern und hat ein Unruhe-Gefühl in den Beinen.
    Dem Rest deines Beitrages stimme ich aber durchaus zu;)

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    1. Ah okay, ich kannte es als unbewusstes Wippen mit den Beinen, dass man ja manchmal macht. Danke für die Berichtigung :)

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  2. Ein toller Eintrag, der mir wirklich aus der Seele spricht. Ich finde es wirklich schlimm, wie in unserer Gesellschaft schon nicht einmal mehr Kinder einfach sie selbst sein können. Und anders sein.

    Melissa
    http://www.lockenstabtests.com/

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    1. Dankeschön! Das freut mich, dass du meine Meinung teilst :)

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