Montag, 24. August 2015

Die zwei Seiten der Medaille - ein Blick zurück

Soeben gratulierte mir eine Kollegin zu meinem Einjährigen in unserer Verwaltung. Vor ein paar Tagen hatte ich selbst noch daran gedacht, im Stress des Alltags ging dieser Gedanke jedoch genauso schnell verloren, wie er gekommen war.

Wie schnell war dieses Jahr vergangen? Genauso schnell, wie das erste Jahr mit Baby in der Elternzeit, vielleicht sogar noch schneller.
Heute will ich daher, gemeinsam mit euch, einen Blick zurück werfen. Auf knapp zwei Jahre, die nicht unterschiedlicher hätten sein können.

Die Elternzeit
Was zunächst mit dem schieren Wahnsinn von gefühlt hunderten von Behördengängen beginnt, verläuft sich in ein großes schwammiges Zeitgefühl. Welcher Tag ist heute nochmal? Oh, schon wieder Donnerstag! Zeit um den Rückbildungskurs zu besuchen.
Sitzt man nicht gerade im Wartezimmer des Kinderarztes, trifft man sich mit den Muttis aus dem Geburtsvorbereitungskurs auf einen Kaffee. Die Babys schlummern friedlich im Wagen, während man einen Latte Macchiato mit dem einen oder anderen Shot Vanille oder Karamell trinkt. Wahlweise koffeinfrei oder mit Sojamilch. Alternativ geht man stundenlang an der frischen Luft spazieren.
Wieder zu Hause angekommen bespaßt man das Kind gerade so viel, dass noch Zeit für den Haushalt bleibt. Wo man im Wochenbett noch eine Familie von Wollmäusen beherbergen durfte, muss nun sterile Sauberkeit herrschen um keine bösen Blicke der buckligen Verwandtschaft zu ernten, deren Besucherstrom trotz des fortgeschrittenen Alters des Kindes nicht abzuebben scheint.
Hat man auch den Kampf um das Abendessen hinter sich gebracht und es tatsächlich geschafft Junior ohne stundenlanges Theater ins Bett zu bringen, strandet man auf dem Sofa. Bei Chips und Trash-TV. Gerade so lange, dass ein kurzes Gefühl von Entspannung eintritt, bis das Baby lautstark nach Mama verlangt.
 
Das Arbeitsleben
Akkurat durchstrukturiert startet hier der Tag pünktlich um 6:00 Uhr. Panisch versucht man sowohl Dusche als auch Kaffee abzuhaken, bevor das Kind ausgeschlafen hat. Immer mit dem Blick aufs Babyphone. Ein erstes Durchatmen gibt es erst nach erfolgreicher Übergabe des Kindes an die Erzieher. Die Entspannung schwindet jedoch sofort beim Anblick des Berges von Arbeit auf dem Schreibtisch. Auch hier gibt es Kaffeeklatsch, jedoch erst in der Frühstückspause. Die Zeit bis dahin zieht sich wie alter Kaugummi und eine weitere gefühlte Ewigkeit entfernt schimmert am Horizont der Feierabend.
Hat man diesen endlich erreicht, wird der Einkauf erledigt und das Kind erschöpft in Empfang genommen. Kurzer Smalltalk über die neu errungenen Blessuren und schon ist man wieder zu Hause. Schon? Ehe man sich versieht ist Zeit fürs Abendessen. Der restliche Ablauf ab hier gleicht dem in der Elternzeit.
Doch Moment! Als arbeitstätige Mutter verspürt man plötzlich noch den Drang nach „Ausgleich“. Man flüchtet sich in Hobbies wie Lesen – also richtige Bücher mit nur Text auf den Seiten – oder geht ganz und gar joggen. Die knappe Zeit wird so noch knapper und das lang ersehnte Wochenende verbringt man mit Putzen und Erledigungen.
Man sehnt sich zurück, nach der ersten Zeit mit Baby, in der alles noch so rosig und entspannt scheint bevor der „Ernst des Lebens“ wieder beginnt. Einen herzlichen Dank möchte ich an dieser Stelle an Mutter Natur aussprechen, die es hervorragend versteht einen vergessen zu lassen, wie anstrengend und nervenaufreiben diese Zeit eigentlich war und wie oft man zwischen Rückbildungskurs und Stadtbummel vor Verzweiflung geweint hat.

Trotzdem bereue ich es nicht nur ein Jahr Elternzeit genommen zu haben. Auch ein Arbeitsleben kann erfüllend sein und die reduzierten Stunden mit seiner Familie verbringt man viel intensiver und genießt sie umso mehr.
Und es gibt nichts schöneres, als sich mit den Muttis aus dem Geburtsvorbereitungskurs auf einen Kaffee zu treffen.

1 Kommentar:

  1. Danke für den Einblick :) Dieses Jahr Elternzeit habe ich so selbst nie erlebt, denke aber auch, dass dir die Erinnerung einen Streich spielt; so easy ist es mit Neugeborenem bestimmt nicht gewesen.^^

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