Was kann man wohl von einem "alten Schinken" erwarten, der 1982 publiziert wurde? Ist der nicht total veraltet? Nö. Die Autorin Emmi Pikler ist möglicher Weise sogar vielen Mamis ein Begriff, weil hier und da "Pikler-Kurse" für Kleinkinder angeboten werden. In einem Pikler-Kurs werden dem Kind keine konkreten Spielangebote gegeben,
sondern man lässt es mit den anderen Kindern spielen, sodass es sich
selbst frei bewegen und ausprobieren kann. Die Eltern schauen zu oder tauschen sich untereinander aus.
Worum geht es in dem Buch?
Der Ratgeber gibt pädagogische Ratschläge zu den Bereichen Bewegungsentwicklung, Fingerlutschen, aufs Töpfchen gehen und dem Übergang vom Säuglingsalter zum Kleinkindalter. Voran stellt Emmi Pikler ein Kapitel über das Weinen von Kindern. Insgesamt geht es der Autorin darum, dass Ehrgeiz und Eile die falschen Methoden zur Kindererziehung sind und man Kinder vor allem mit Geduld erzieht und immer auf ihre Bedürfnisse eingehen sollte. Diese unverkrampfte Erziehung bringt harmonische Persönlichkeiten hervor und so auch zufriedene Eltern.
Was hat mir an dem Ratgeber gefallen?
Sehr. Obwohl wir Eltern alle zustimmen würden, dass ein Kind viel Geduld und Liebe braucht, um aufzuwachsen, sind wir trotzdem oft echt ungeduldig. Unsere Situation ist doch folgende: Die Erwartung unserer Mitmenschen geht dahin, dass jemand nicht nur Kinder bekommen sollte, die dann schlicht "da" sind, sondern die Kinder müssen gefördert werden. Dafür hat man bei 1-2 Kindern ja auch die Zeit. Man schimpft vielleicht noch über Eltern, die ihre Kinder ÜBERfordern, sitzt dann aber selbst zu Hause oder auf dem Spielplatz und baut für das Kind Türme aus Bauklötzen, dreht es auf den Bauch, greift beim Laufenlernen seine Hand usw.
Hand aufs Herz: Wer von euch sitzt denn lediglich beobachtend neben seinem Kind und lässt es selbst experimentieren? Schaut ihr zu, wie das Kind Quadrat und Kreis nur in den Händen wiegt oder zeigt ihr ihm: "Guck mal, der Kreis muss hier durch das runde Loch und das Quadrat durchs Eckige!" Macht ihr etwas vor, damit das Kind es nachmacht? Zeigt ihr etwas, damit es lernt? Ja? Ich auch ;)
Nach Emmi Pikler sollen die Eltern ihre Kinder aber vorallem gut versorgen und beim Spielen und Experimentieren NICHT eingreifen. Mal soll zuschauen! Sie schreibt sogar, dass Eltern Eltern bleiben müssen und keine Spielgefährten, wobei Eltern natürlich mal mitspielen dürfen, aber dann im Tempo der Kinder, auch wenn das langweilig ist.
Der Schreibstil...
... ist angenehm zu lesen. Das Fachwissen wird sehr anschaulich vermittelt: "Sehr oft handeln Mütter ganz anders: Wenn das Neugeborene zu weinen beginnt, springen sie einer mechanischen Routine folgend auf, und anstatt zu versuchen, den Grund des Weinens zu erforschen, nehmen sie das Kind auf, legen es trocken, gehen mit ihm auf und ab, wiegen es, singen, beschwichtigen und übersehen dabei die wirkliche Hilfe, die es bräuchte." (zum Beispiel ein Schmerz, frieren ect.)
Ich finde den Pikler-Ansatz echt interessant und kann euch den "alten Schinken" weiterempfehlen. Es ist schnell gelesen, hinterlässt aber ein paar Denkanstöße.
Aaaaaah, das ist also Pikler. Ich habe den Namen öfter mal in Kindergarten-Konzepten gelesen und weiß nun also endlich, was damit gemeint ist :)!
AntwortenLöschenDa teile ich die Haltung ja, ein Kindergeburtstag, bei dem die Erwachsenen alle auf dem Boden rumrobben und mehr spielen als die Kinder, ist mir ein Graus ;).
Genau, da bin ich auch nicht der Typ für ;)
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