Ich habe schon viele Menschen schimpfen hören: "Jeder, der was mit Kindern zu tun hat, sollte doch
mal erleben, wie es in den Familien wirklich zugeht!" Ist es nicht also an uns
Eltern, diesen Menschen bereits während der Ausbildungszeit einen Blick hinter
den Wickeltisch werfen zu lassen? Sie mal selbst mit anpacken zu lassen?
Ein Erfahrungsbericht.
18 Jahre alt ist S, die junge Frau, die Kinderpflegerin werden
will und die ich über das Bonner Nettwerk kennenlernte. Ihre schulischen
Ausbildung sieht ein Familienpraktikum vor, ein Praktikum mitten in der Familie. Und das sind wir ja wohl, also sagte
ich ihr nach einem persönlichen Treffen zu. Schupps bin ich, eine Mama von zwei
Kindern (1Monat und 1,5 Jahre), Praktikumsleiterin! So schnell kann es
gehen!
Was macht S den ganzen Tag bei euch?
Das ist wohl die am häufigsten gestellte Frage, wenn ich von S erzähle und ich habe
mich das auch gefragt, frage mich das noch jeden Morgen. Ein normales Praktikum
läuft einfach anders ab, als ein Praktikum in einem so intimen Feld wie der
Familie. Ich kann der jungen Frau doch nicht eins meiner Kinder geben und sagen: „Geht mal auf den Spielplatz“. Meine Kinder kennen S nicht und S kennt meine
Kinder nicht – die erste Woche nutzen wir also zum gemeinsamen Kennenlernen: S
Aufgabe beläuft sich grundsätzlich darauf, einfach „dabei zu sein": Sie ist
dabei, wenn wir zum Kinderarzt gehen, wenn wir die Familienbildungsstätte
besuchen oder wenn wir einkaufen gehen. Und sie hilft: Sie hilft mit, wenn
Essen zubereitet wird, wenn ich ein Kind bade. Sie wechselt Windeln, sie wäscht Geschirr ab, sie wiegt das Baby in den Schlaf. Mit dem
großen Mädchen spielt S, malt, schaut sich Kinderbücher an und sie lässt sich
auch geduldig anschreien und vollmeckern (von der kleinen Trotzliese, nicht von
uns!).
Insgesamt – auch wenn eine helfende Hand mehr im Haushalt
ist – strengt so ein Praktikum natürlich an. Man hat ja das Gefühl, der Praktikantin
etwas bieten zu müssen, wobei der Alltag mit Kindern nicht so viel Spannung mitbringt wie
mein Praktikum im Verlag beispielsweise. Und ich möchte die junge Frau auch
nicht ausnutzen, in dem ich sie unser Bad putzen lasse oder dergleichen. Die
Aufgaben sollen schon etwas mit Kindern zu tun haben. Naja, und wenn eine
Ruhephase ist, soll sie auch nicht alleine in der Küche sitzen, während ich ein
Buch lese oder gar schlafe... Also habe ich eine Woche lang jeden Tag sechs Stunden „Programm“.
In der Mittagszeit wird nicht ausgeruht: Wir schnappen uns Annika und gehen spazieren, ist ja auch immer schön. Wir
blättern gemeinsam das Kinderkochbuch durch und kochen ausgefallen. Mir fällt schon was ein.
S lässt sich nicht verunsichern.
Meine Große zeigt sich währenddessen von ihrer lustigsten Seite: Vollgeschmiert mit Joghurt bricht die Wut aus ihr heraus, von diesen Systemausfällen berichtete ich ja bereits (hier). Jetzt darf auch S ihren Spaß daran haben, aber sie meistert es gut. Und überhaupt hat sie die Kinder trotz ihrer Ausfälle lieb, nennt die Große oft „Zicke“ oder „Dramaqueen“, zu Recht, immerhin kennt sie die Trotzphase noch gut von ihrem kleinen Bruder. So ist es eben mitten in der Familie, so schaut Realität aus!
Meine Große zeigt sich währenddessen von ihrer lustigsten Seite: Vollgeschmiert mit Joghurt bricht die Wut aus ihr heraus, von diesen Systemausfällen berichtete ich ja bereits (hier). Jetzt darf auch S ihren Spaß daran haben, aber sie meistert es gut. Und überhaupt hat sie die Kinder trotz ihrer Ausfälle lieb, nennt die Große oft „Zicke“ oder „Dramaqueen“, zu Recht, immerhin kennt sie die Trotzphase noch gut von ihrem kleinen Bruder. So ist es eben mitten in der Familie, so schaut Realität aus!
Ich erfahre das Praktikum bewusst als Experiment. Ein neuer
Mensch mag zunächst ein Störfaktor sein, besonders wenn er plötzlich sechs
Stunden pro Tag um einen ist. Nach und nach – so erlebte ich die erste Woche –
gliederte sich S jedoch bei uns ein. Wir haben uns kennengelernt. Die große
Tochter spielt, tobt oder wütet mit S wie es ihr beliebt und auch unser Baby
ist bei ihr angekommen. S konnte eigene Tricks entwickeln, die Kinder zu beruhigen.
Wickeln und in den Schlaf wiegen stellen keine Herausforderung mehr dar und wir können gespannt sein, wie die beiden Wochen im Dezember verlaufen werden.
bei uns in nds sterben die kinderpfleger so nach und nach aus und werden auch nicht mehr ausgebildet seit ein paar jahren. ab 1.1.15 werden sozialassistenten ( 1. ausbildung vor dem erzieher) gesucht, als 3. kraft in den krippen. aber auch die werden sehr schlecht bezahlt. kann nur allen kinderpflegern raten, die erzieherausbildung hinterher zu machen.
AntwortenLöschenund das mit dem praktikum in der familie habe ich noch nie gehört, aber die idee gefällt mir gut. wäre auch was für die sozialassistenten ausbildung
S hat fest eingeplant, die Erzieherausbildung anzuhängen :)
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