Montag, 8. September 2014

Ferbern, Tag 1 - die Katastrophe

Der Mittag verlief unproblematisch. Ich habe ihn nach unserem üblichen Ritual (ein Buch auf dem Schoß vorlesen, zusammen kuscheln, eine Flasche geben) mit der Flasche ins Bett gelegt. Normalerweise schläft er tagsüber sofort beim Trinken ein, ihn ärgerte aber Schnupfen. Laut Psychologin ist das unproblematische Schlafen am Mittag der Beweis dafür, dass wir es eben nicht mit einem Kliniktrauma oder sowas in der Art zu tun haben. Schließlich KANN er alleine schlafen.

Ich habe ihm also einen Kuss gegeben, „Schlaf schön“ gesagt und bin raus. Er drehte sich sofort auf den Bauch und sprang ans Gitter, wo er maulte und schimpfte. Eigentlich wollte ich nur eine Minute draußen bleiben bis ich wieder reingehe. Die c.a. 5 Minuten auf dem Infozettel der Psychologin fand ich viel zu lange.

Es war aber reines Gemecker, das Sohnemann da von sich gab, kein Schreien. Also dehnte ich die Zeit, die ich draußen war auf drei Minuten. Ich wollte abwarten, was passiert. Die Tür blieb offen, er hörte mich also im Nebenzimmer. Er war zwischendurch immer mal wieder ruhig. So einen Moment passte ich ab und ging wieder rein. Ich hielt ihn im Arm und kuschelte ihn am Gitter, nahm ihn also nicht aus dem Bett. Dabei habe ich ihn gelobt, weil er das so toll gemacht hat. Dann sagte ich ihm, dass ich direkt nebenan bin, wenn er was braucht und bin wieder raus gegangen. 

Natürlich protestierte er, aber wieder meckerte er nur vor sich hin. Nach drei Minuten bin ich wieder rein, das gleiche Spiel. Kuscheln, Loben, Schlaf schön sagen, Rausgehen.

Dieses Mal kam nach kurzem Gemaule kein Protest mehr. Er blieb liegen und plapperte vor sich hin, bis er innerhalb von wenigen Minuten einschlief.
Nach drei Minuten bin ich nicht wieder reingegangen, weil ich ihn dabei nicht stören wollte.

Das machte Mut und ich war optimistisch, dass es abends klappen könnte. Aber weit gefehlt.

Der Abend
M. übernahm das Zu-Bett-Bringen am Abend, weil wir uns einig waren, dass ich vermutlich zu schnell aufgeben würde, wenn unser Sohn lautstark protestiert. Damit konnten wir schon fest rechnen, schließlich ist das abends ja Standard bei uns. So schloss ich mich ins Wohnzimmer ein und hörte Musik, um das Geschrei zu übertönen. Und es war schlimm. M. sagte unserem Sohn "Gute Nacht" und ging raus. Dort blieb er drei Minuten und ging nur kurz wieder rein, um zu loben und zu kuscheln. Unser Sohn hat sich kaum noch eingekriegt. Mehrmals wollte ich abbrechen, wurde aber immer wieder von M. in meine Schranken verwiesen, weil sich unser Sohn angeblich langsam beruhigte.

Fand ich aber nicht und nach einer hitzigen Diskussion im Flur, ging ich einfach ins Kinderzimmer und nahm mein Kind auf den Arm, das völlig außer sich war. Ich hielt ihn lang fest und kuschelte mit ihm, bis er nach fast einer Stunde in meinem Arm einschlief und beim Umbetten nicht aufwachte.

Eine Stunde habe ich mir sein Geschrei angehört, was definitiv viel zu lange und viel zu schlimm war. Er war total erschöpft und tief traurig, weshalb ich diese Art des Schreienlassens in keinem Fall weiter mit mir vereinbaren konnte. Das ging also gründlich schief und bestärkte mich in meiner Annahme, dass ich das einfach nicht kann.

M. hatte hinterher ein furchtbar schlechtes Gewissen und Angst, unser Kind könnte es ihm übel nehmen. Er war aber nach wie vor von der Methode überzeugt (aber eher aus Mangel an Alternativen), und meinte, es läge nur daran, dass sich unser Kind bei mir besser beruhigen ließe als bei ihm. 
Trotzdem. 

Ich kann den Unterschied zwischen Meckern aus Protest und Geschrei, weil mein Kind seine Welt nicht mehr versteht, unterscheiden. Bei Ersterem finde ich nicht zu reagieren nicht schädlich, sondern manchmal notwendig, bei Zweiterem schon. 

Da bewegen wir uns auf einem schmalen Grat der Erziehung mit der Frage, wo hört Grenzen setzen auf und wo fängt Willen brechen an?

Ich weiß es nicht. Nur, dass ich definitiv nicht weiter ferbern werde und wir trotzdem aber irgendwas abends ändern müssen.

Nach einer Flasche Wein an dem Abend und einer Nacht, die ich drüber gegrübelt habe, wollte ich am folgenden Tag weitermachen. Allerdings nicht nach dem Ferber-Schema-F, sondern abgewandelt. Mag sein, dass unser Kind nach ein paar Tagen mit dem Schreien aufhören würde, wenn wir uns konsequent an die drei Minuten Draußenbleiben trotz Gebrüll halten würden. Das kann ich aber nicht. Es muss doch einen Mittelweg geben. 

Und ich habe ihn gefunden! Lest im nächsten Post am 19.9., was ich änderte und wie es langfristig unsere Einschlafproblematik am Abend tatsächlich "gelöst" hat. (Hier ist der Beginn der Reihe, falls ihr nachlesen wollt, wie es soweit kam)

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