Donnerstag, 10. Juli 2014

...und wer kümmert sich um Mama?

Mein Netzfundstück der Woche, ist ein Artikel der Seite rabeneltern.org auf Facebook. Da nicht jeder Facebook hat, zitiere ich hier nun den Text des Artikels:

"Achtung Ammenmärchen: Hauptsache, dem Kind geht es gut!
Nach schweren Geburten bekommt frau das häufig zu hören. Unbestritten ist das auch ein äußerst wichtiger Punkt. Vergessen wird dabei nur, dass bei der Geburt noch jemand anwesend war: die Mutter. Jedes Erleben einer Geburt und eventueller geburtsmedizinischer Eingriffe ist individuell. Wenn die Geburt als Verlust über die körperliche Selbstbestimmung und Eingriffe als Gewalt erlebt wurden, dann ist das so, muss verarbeitet werden und darf nicht mit so einem leichten Spruch weggewischt werden. Zum Verarbeiten muss jede ihren eigenen Weg finden.

Sprüche wie "Hauptsache dem Kind geht es gut!" und die Haltung dahinter können dazu beitragen, dass sich solche schlimmen, traumatisierenden Erlebnisse festsetzen, denn es geht nur noch um das - natürlich auch sehr wichtige - Wohlergehen des Kindes. Aber eine Frau, die eine Geburt nicht für sie adäquat verarbeiten kann, leidet u.U. noch jahrelang an einem Geburtstrauma. Das kann für das Kind und die Familie sehr nachhaltige negative Folgen haben."


Eben jener Satz, war einer der meistgehörten nach der Geburt meines Sohnes. Für mich war er wie ein Faustschlag ins Gesicht, jedes Mal, das ich ihn hören musste. 

Mein Geburtserlebnis war furchtbar und alles andere als das Wunder, dass man sich mit seiner rosaroten Brille während der Schwangerschaft ausmalt. Mir wurden durch Ärtze und Hebammen Schmerzen zugefügt, die ich über mich ergehen ließ, da ich dachte es sei das Richtige. Ich wurde entmündigt und fühlte mich verlassen. Mein Mann saß ebenso hilflos neben mir, während die Hertöne meines Sohnes bei jeder Wehe nahezu aussetzen. Panisch stimmte ich beim Schichtwechsel der Hebammen sofort dem mir angebotenen Kaiserschnitt zu, den ich unter Vollnarkose durchführen ließ. Weinend und zitternd durch die Medikamente und die Angst lag ich wie ein Stück Vieh auf der Schlachtbank, während um mich herum gescherzt wurde. Niemand kümmerte sich um mich. Stattdessen beschwerte sich eine der OP Schwestern noch bei mir über meine "viel zu langen Fingernägel". Zum Glück durfte ich dann schlafen und musste den Rest des Eingriffes (ich kann und will es einfach nicht als Geburt bezeichnen) nicht miterleben. 
Nachdem ich aus der Narkose erwachte, lag ich einsam in einem Aufwachraum im Keller. Es dauerte noch eine Stunde bis ich endlich mein Kind sehen durfte. Kilian war wohlauf und lag schlafend bei meinem Mann im Arm.
Durch den Kaiserschnitt war ich schwach und hatte starke Schmerzen. Ich wurde mit Hormonen vollgepumpt um den Wochenfluss auszulösen. Außerdem setzte der Milcheinschuss nicht ein, weshalb Kili durch die Schwangerschaftsdiabetes zugefüttert werden musste. Über die genauen Umstände, wie es zum Kaiserschnitt kam, wurde ich im Krankenhaus nicht aufgeklärt.
Emotional und auch körperlich, habe ich diese Geburt bis heute nicht verwunden.



Doch wen interessiert das überhaupt? Ich wurde zwar einige Male nach meinem Befinden gefragt, aber nie hatte ich das Gefühl, dass überhaupt jemand richtig zugehört hat. Dabei habe ich nie versucht, das Erlebte schönzureden. Natürlich, meinem Kind geht es gut, und das ist auch wichtig! Aber was nützt es ihm, wenn ich mich nicht um ihn kümmern kann.
So viele Mütter können nach der Geburt, aufgrund der Erlebnisse, keine Bindung zu ihrem Kind aufbauen. Ich wette alle von ihnen, haben diesen Satz unendlich viele Male gehört und fühlen sich davon genauso verletzt.



Auf Facebook wurde der Beitrag natürlich rege kommentiert. Einige Kommentare möchte ich euch nicht vorenthalten:



"Gut geschrieben - genauso ist es... Danke für den Text!! Die Geburt meiner Tochter habe ich als etwas sehr traumatisches erlebt und lange darunter gelitten. Die schöne Geburt meines Sohnes hatte etwas versöhnendes. Diese Sprüche mag ich aber bis heute nicht hören... Es geht um soviel mehr..."

"Danke für diesen Beitrag, liebe Rabeneltern.org - Wir räumen auf mit Ammenmärchen. Mit "Hauptsache dem Kind geht es gut" werden Mutter und Kind gegeneinander ausgespielt. Wie unten jemand schrieb, als wäre frau nur noch eine Hülle. Das Ziel muss sein, dass es beiden, Mutter und Kind bzw. Mutter, Vater und Kind nach einer Geburt physisch und auch psychisch gut geht bzw. eine als traumatisch erlebte Geburt verarbeitet werden darf und das nicht als Pippifax weggewischt wird! Nur so kann sich schnell eine gute Mutter-Kind-Bindung entwickeln, Wochenbettdepressionen und -Psychosen vorgebeugt werden und die Mutter sich gut um ihr Baby kümmern[...] Ehrlich, ich fand es fast pervers, dafür noch "Glückwünsche" und Glückwunschkarten zu bekommen. Ich brauchte Jahre, um all das zu verarbeiten und in mein Leben zu integrieren. Unsere Beziehung litt darunter und und und. Es dauerte, bis ich eine Bindung zu meinem geliebten Kind aufbauen konnte. Es war zwar alles da, aber das Geburtserlebnis stand irgendwie dazwischen! Auch wenn ich weiß, dass mein Kind nichts dafür konnte![...]"

"Danke für dieses Posting, so viele Leute verwenden es gedankenlos und oftmals sicher gut gemeint, ahnen aber nicht, was sie damit beim Gegenüber anrichten. Mich hat dieser Satz mehrmals sehr verletzt, er kam wie "Du bist jetzt nur mehr eine Hülle die nichts mehr zählt, einzig das Baby ist von Wert" an. Vor allem im Krankenhaus wurde das durchaus auch so rübergebracht."

Ich empfehle allen frisch gebackenen Mamis, die ihre unter ihrer Geburt gelitten haben, sich Hilfe zu holen. Sei es eine gute Freundin, die Hebamme oder sogar ein Psychologe. Auch diverse Internetplattformen bieten Platz zum Austausch mit anderen Müttern.

Ihr seid nicht alleine auch wenn ihr euch vielleicht so fühlt!

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen